Hier zeige ich euch ein paar Fotos von unserem Besuch in Rennes-le-Château im Sommer 2008. Der winzige Ort in Südfrankreich ist ein Anziehungspunkt für Esoteriker, Schatzsucher und Verrückte, seit dort Anfang des 20. Jahrhunderts der Dorfpfarrer Bérenger Saunière auf mysteriöse Weise plötzlich reich wurde und umfangreiche Bauvorhaben realisierte. Er ließ seine heruntergekommene Dorfkirche in einem seltsamen, extravaganten Stil renovieren und baute unter anderem eine Villa und eine kilometerlange Straße. Seitdem ufern die Gerüchte und Spekulationen aus: Geheime Dokumente, Katharer-, Templer- und Westgotenschätze, natürlich die Prieuré de Sion, die Bundeslade, das Grab von Jesus und last but not least Maria Magdalena als seine Frau sind Teil davon. Es wurden Bestseller geschrieben (Der heilige Gral und seine Erben, Sakrileg) und es wurde innerhalb des Ortes illegal mit Sprengstoff nach verborgenen Schätzen gesucht.
Am Beginn unserer Tour steht der “Tour Magdala”, den Saunière hat bauen lassen. Oben befindet sich eine Aussichtsplattform, von der man eine gute Sicht hat. Der Pfarrer soll von hier aus oft übers Tal geschaut haben, als ob er nach etwas Ausschau gehalten hätte. Der Turm wurde angeblich mit Mitteln aus dem geheimnisvollen Schatz errichtet, den Sauniere gefunden haben soll. Für einen armen Landpfarrer auf jeden Fall ein sehr ungewöhnliches Bauprojekt und eigentlich finanzieller Wahnsinn.
Im Tour Magdala hatte Saunière seine private Bibliothek mit mehreren hundert Bänden. Ein Schreibtisch, ein Kamin und große Spiegel vervollständigen das Bild. Heute sind die verzierten Regale leer und in schlechtem Zustand. Man ahnt aber noch die vergangene Pracht.
Saunières Orangerie, in der er exotische Pflanzen kultivierte. Im Garten unterhalb hielt er verschiedene Tiere. Die Promenade im Vordergrund führt bis zum Magdalenenturm wie eine Burgmauer. Sie ist einige Meter hoch und etwa 30 m lang. Im inneren befinden sich mehrere Räume. Teuer…
Hier nun der Vorhof mit dem Eingang zur Kirche. Henry Lincoln, einer der Autoren von “Der heilige Gral und seine Erben” hat sich in der Nähe zur Ruhe gesetzt und ist öfter Mal in der Kirche und unterhält sich mit den Touristen. Er gibt auch gerne Autogramme. Hab leider kein Bild von Ihm gemacht, aber das Autogramm hab ich noch irgendwo…
Das Eingangsportal der Kirche mit dem rätselhaften Satz “Terribilis est locus iste” – “Dieser Ort ist schrecklich”. Natürlich gibt es zahllose Theorien darüber, warum Saunière ausgerechnet diesen Satz übers Kirchenportal hat schreiben lassen. Die Figur stellt Maria Magdalena dar, der die Kirche geweiht ist.
Die berühmte Figur des Dämons Asmodaeus, der in der Kirche das Weihwasserbecken trägt. Wahrscheinlich die einzige Darstellung dieser Art in einer Kirche. Asmodaeus wurde im Mittelalter für das Auffinden von versteckten Schätzen beschworen – ein Schuft wer Böses dabei denkt. Der originale Kopf wurde vor Jahren von Unbekannten abgeschlagen und entwendet. Heute wird die Kirche deshalb videoüberwacht. Der aktuelle Kopf ist eine Kopie.
In der Kirche, über dem von Asmodaeus getragenen Weihwasserbecken, befinden sich diese vier Engel. Sie bekreuzigen sich und es gibt jede Menge Spekulationen über die Gravur (nicht mit auf dem Foto): “par ce signe tu le vaincras” (“durch dieses Zeichen wirst du ihn besiegen”). Kaiser Konstatin sah im Himmel ein Kruzifix und den Satz “durch dieses Zeichen wirst du siegen”. Warum die Abweichung? Ist Asmodaeus gemeint?
An der Rückseite des Kirchenraums, gleich neben dem Eingang, befindet sich über dem Beichtstuhl dieses Relief. Es stellt Jesus beim Halten der Bergpredigt dar. Eine Theorie besagt, dass die gemalten Berge im Hintergrund aus der Umgebung sind und anhand der Darstellung identifiziert werden können. Weitere Spekulationen gibt es zum aufgerissenen Geldsack im Vordergrund. Ein Hinweis auf den Schatz? Übrigens: die Anfangs erwähnte Straße hat Saunière angeblich wegen dieses tonnenschweren Stuckmonsters anlegen lassen, damit der Ochsenkarren überhaupt zum Dorf hochkam.
Im Inneren der Kirche befindet sich diese Statue von Maria Magdalena mit ihrem Kennzeichen, einem Alabastergefäß. Maria Magdalena soll zusammen mit Maria und ihrer Mutter der heiligen Anna, im Languedoc gewirkt haben und auch dort begraben sein. Deshalb wohl werden diese Frauen im Languedoc so stark verehrt. An bestimmten Tagen sollen durch die Kirchenfenster verblüffende Lichteffekte auf die Wände und Statuen projiziert werden, wie z. B. ein Apfelbaum mit blauen Äpfeln. Diese “Pommes bleues” verweisen wiederum auf ein geheimnisvolles, verschlüsseltes Dokument, das Sauniere bei der Renovierung der Kirche unter dem Altar gefunden haben soll. Im Internet findet man ein paar Bilder des Phänomens. Wir haben es leider nicht gesehen, da es nur Mittags am 17. Januar auftritt – und wenn die Sonne gerade scheint.
Im Altarraum sind Maria und Josef mit je einem Kind auf dem Arm zu sehen. Es gibt einige Spekulationen zu diesem Umstand, z.B. dass Jesus einen Zwillingsbruder gehabt haben könnte, der an seiner Statt gekreuzigt wurde. Hinweis auf für die Kirche gefährliche Informationen, die Saunière gefunden haben könnte? Unten am Altar befindet sich ein Relief mit Maria Magdalena.
Auf diesem Altarbild ist Maria Magdalena mit Totenschädel und kreuzförmigem Bäumchen in einer Grotte zu sehen. Vor der Grotte eine Landschaft (aus der Umgebung?) die Saunière selbst mit Farbe und Pinsel verschandelt haben soll (das Gebäude in JM-Form links am Horizont ). Früher stand unter dieser Darstellung die merkwürdige Zeile “Jesu medela vulnerum spes una poenitentium per magdalenae lacrymas peccata nostra diluas” – “Jesus erlöse uns von unserer Pein. Einzige Hoffnung für unsere Vergebung. Dank der Tränen Magdalenas tilgst du unsere Sünden.” Die durchaus unkatholische, wenn nicht gar unchristliche Inschrift wurde vor Jahren von Unbekannten zerstört.
In dieser Kirche gibt es, wie in allen katholischen Kirchen, die Darstellung des Kreuzwegs Jesu. Diese hier weicht aber in einigen Punkten von der üblichen Form ab. Hier Station Vier: Jesus mit zwei Frauen. Die in blau und rosa ist vermutlich Maria, die in gold ist Maria Magdalena. Saunière hat die Gipstafeln übrigens eigenhändig bemalt.
Hier die zwölfte Station: Jesus am Kreuz. Unten in gold wieder Maria Magdalena. Man beachte, dass es im Bild schon dämmert. Bei Station XIV (das Bild ist leider nichts geworden), der Grablegung, ist es schon Nacht und der Mond steht am Himmel. Am Sabbat, der Freitags bei Sonnenuntergang beginnt, wäre es auch heute noch für gläubige Juden ein absolutes Sakrileg mit einem Toten in Kontakt zu kommen. In absoluten Notfällen darf man aber natürlich helfen. Hat Jesus nach Meinung von Saunière nach der Kreuzabnahme also noch gelebt?
Raus aus der Kirche und um die Ecke. Links die Villa Béthanie, rechts die Mauer von Saunières Garten, der sehr groß ist und heute ein Restaurant beherbergt. 2008 gab es nur zwei Gerichte – ich hab die vegetarische “Katharerplatte” genommen – inzwischen hat man küchentechnisch aufgerüstet.
In einem Hohlraum dieser Säule, die vor der Renovierung der Kirche durch Saunière den Altar stützte, soll der Pfarrer die geheimnisvollen Dokumente gefunden haben, die ihm zu seinem Reichtum verholfen haben. Angeblich ist sie westgotischen Ursprungs und somit sehr alt. Die Dokumente sind verschlüsselt und stammen vermutlich aus der Zeit vor der Revolution. Heute steht der Pfeiler im Museum.
Diese behauene Steinplatte wurde von Saunière bei den Renovierungsarbeiten im Kirchenfußboden gefunden. Das Motiv war nach unten gedreht und dadurch nicht sichtbar. Angeblich verschloss die Platte die Krypta der Hautpouls, dem ortsansässigen Adelsgeschlecht, die sich unter dem Altarraum befinden soll. Heute ist der Zugang nicht mehr zu sehen und Grabungen wurden in der Kirche natürlich nicht erlaubt. Die Theorien, was auf der Platte dargestellt ist, gehen auseinander. Die schönste ist die vom vergessenen Merowingerprinzen Sigisbert IV, der der offiziellen Geschichtsschreibung unbekannt ist und der von seinem Vater, Dagobert II, heimlich in Rennes-le-Château in Sicherheit gebracht worden sein soll. Seine Nachkommen hätten heute noch einen (theoretischen) Anspruch auf den französischen Königsthron.
Dies ist eine Nachbildung des Grabsteins der Marie de Negre Darles, Freifrau von Hautpoul, die auf dem örtlichen Friedhof begraben lag. Das Grab ist heute allerdings nicht mehr auffindbar. Ihre Grabinschrift enthält den Schlüssel zur Entzifferung des zweiten Pergaments, das Saunière in der Kirche gefunden haben soll. Sauniere zerstörte den Grabstein bei Nacht und Nebel, was eine Beschwerde beim Bischof zur Folge hatte.
Neben der Villa, als kleiner Anbau zum Garten hin, befindet sich Saunières Privatkapelle. Mit den bunten Scheiben ist sie fast schon psychedelisch. Saunière hielt dort regelmäßig Messen ab, als sein Bischof ihn wegen seines außergewöhnlichen Finanzgebarens und seines Schweigens über die Quellen seines Reichtums suspendierte. Da Saunière seinen Reichtum aber mit der Dorfbevölkerung teilte und z.B. offene Tafeln abhielt, zu denen jeder kommen konnte, hielten seine Schäfchen zu ihm. Und so war die kleine Kapelle am Sonntag gerammelt voll, während der neue Pfarrer, Abbé Marty, vor leeren Bänken predigte. Der Bischof setzte Saunière schließlich wieder ein.
2004 wurde die bis dahin frei begehbare Villa Béthanie wegen Baufälligkeit weitgehend geschlossen. Man kann nur noch drei Räume betreten und einen Blick auf die gesammelten Devotionalien hinter Glas werfen. Man beachte die sündhaft teure Mucha-Jugendstil-Tapete aus Prag an der Wand.
Im Museum befindet sich eine häusliche Szene mit Saunière und Marie Denarnaud, seiner Haushälterin und angeblichen Geliebten. Sie war vermutlich seine Mitwisserin und hat Saunière überlebt und beerbt. Berichten zufolge gab sie auch nicht wenig Geld aus, starb aber völlig verarmt. Marie Denarnaud hatte angeblich versprochen, vor ihrem Tod das Geheimnis preiszugeben. Ironischerweise ist sie völlig überraschend an einem Schlaganfall gestorben und konnte nichts mehr sagen.
Wieder nach draußen. Saunières Gartenhaus, in dem er arbeitete, bevor die Villa Béthanie fertig gestellt wurde und er noch zur Untermiete wohnte. Links die Tür zum Friedhof.
Noch einmal die Kirche mit der Apsis. Die Tür zum Friedhof diesmal rechts. Auf ihm befand sich bis 2004 Saunières Grab – daneben befand sich das von Marie Denarnaud. Der Friedhof ist inzwischen nur noch für Angehörige zugänglich. Schatzsucher hatten sich mit schwerem Gerät über die Gräber hergemacht.
Wie schon erwähnt, lag Saunières Leichnam auf dem Friedhof neben dem Grab von Marie Denarnaud. 2004 wurde der Leichnam in einer Nacht- und Nebelaktion von der Gemeinde umgebettet und mit einer Tonne Beton versiegelt. Dies ist das neue Grab in seinem Garten. Wie viele seiner Geheimnisse sind wohl mit ihm begraben worden?
Es gäbe noch viel mehr zu erzählen, von zugeschütteten Höhlen, heiliger Geometrie, ermordeten Pfarrern, Leichenfunden im Garten, gesprengten Grabstätten, schwarzen und weißen Bergen, einem Jesusgrab und dem Renaissance-Maler Nicolas Poussin. Aber das muss erst einmal warten. Cheers, Mr. Lincoln. Et in Arcadia ego!
Wenn man im Languedoc ist und dem Mysteriösen gegenüber nicht abgeneigt ist, sollte man einen Besuch unbedingt in Erwägung ziehen. Der nächste größere Ort mit Infrastruktur ist Couiza. Von dort gehts den Berg rauf. Parkplätze sind sowohl an der Ortsgrenze sowie (ein paar) im Ort selbst. Das Dorf ist winzig, es hat heute etwa 60 bis 70 Einwohner, drei Buchläden, 2 Restaurants, eine Art Souvenierladen und soweit ich weiß zwei Fremdenzimmer. Man sollte sich vorher ein wenig ins Thema einlesen, damit’s auch Spaß macht und man im Museum auch weiß was man gerade anschaut. Hier geht’s noch zur offiziellen Website des Ortes.